Rostfreies Defilee mit Rossen
Hippomobiles Armee-Inventar und historische Miliz in Fehraltorf
ark. Jedem Anhänger einer berittenen Armee wäre am Sonntag in Fehraltorf das Augenwasser gekommen. Kurz vor der Abschaffung des Trains, der letzten hippomobilen Truppe der Schweizer Armee, präsentierten rührige Sammler und «Rösseler» in einer eindrücklichen Parade noch einmal die ganze Palette von militärischen Gespannen und Reitformationen. Wie der Sprecher auf der Pferderennbahn nicht ohne Stolz festhielt, war vor gut 50 Jahren eine Armee ohne Pferde unvorstellbar. Alles, was einwandfrei funktionieren musste, war hippomobil bespannt. Auf die damaligen Benzinkutschen sei nicht immer Verlass gewesen, vor allem wenn es galt, schwere Geschütze in unwegsamem Gelände in Stellung zu bringen.
Schwere Kanonen in Stellung gebracht
Schweres Geschütz war denn auch das Prunkstück des haferbetriebnen Defilees in Fehraltorf. Eine von 6 Halbblütern gezogene Haubitze mit einem Kaliber von 12 Zentimetern und einer Reichweite von 6,4 Kilometern könnte wohl auch heute noch den einen oder anderen frechen Eindringling vertreiben helfen. Angeführt wurde der Umzug von einem berittenen Fahnenzug mit Standarte. Dahinter folgten neben der Haubitze eine Gebirgs- und eine Linientrainformation und eine Infanteriekanone mit einem etwas bescheideneren Kaliber von 4,7 Zentimetern. Vom schweren Geschütz alleine hat die Truppe aber bekanntlich noch nicht gelebt. Die mitgeführte, verlockend dampfende Gulaschkanone diente ihrem kriegerischen Übernamen zum Trotz in erster Linie dem leiblichen Wohl der Wehrmänner. Im Dienste der Pferde dagegen ritt anno dazumal der mobile Hufschmied mit, der Sanitäter versorgte sowohl Mensch als auch Tier.
Das gesamte paradierende Personal war ebenso originalgetreu ausgerüstet wie der Fahrzeugpark. Zu verdanken ist dies in erster Linie Otto Fischer aus Oetwil am See, dem Besitzer der Pferde-Militaria. Er sei wohl ein bisschen ein Spinner, sagt Fischer ohne Umschweife. Für Geschütze, Geschirre, Reitzeuge und Uniformen und Ausrüstungen habe er schon mehr als 100 000 Franken ausgegeben. Gerade sei er wieder ausgerückt, um für 2500 Franken einen gut erhaltenen Offizierssattel zu erstehen. Mittlerweile habe sich die Sammelei bei ihm zu einer richtigen Sucht entwickelt, meint der 72-Jährige. Freude bereitet ihm sein Hobby aber nur, wenn alles originalgetreu ist. «Ich bin noch von der alten Schule», sagt Fischer. Einem, der an einem eisenbereiften Fourgon eine Scheibenbremse montiert, wünscht der legendäre Sammler deshalb nicht viel Gutes.
Freiwillig poliert und gewichst
Unterstützt wurde Fischer von der historischen Miliz «Compagnie 1861» aus Uster, vom örtlichen Fahrklub und von der Gruppe «Rost und Grünspan» aus Basel. Das Nomen ist hier definitiv kein Omen: Die Infanterie-Schätze der Basler waren nämlich genauso gründlich entstaubt, entrostet, poliert und gewichst wie das gesamte am Defilee vorgeführte Material. Dass es Leute gibt, die das freiwillig tun, hat man sich früher bei lautstark konzertierten Putzaktionen im Kasernenhof wohl nicht vorstellen können.
Dieser Bericht erschien am 18. Juni 2001 in der Neuen Zürcher Zeitung.
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